Erlebnisbericht einer PRS-Weiterbildungsteilnehmerin

17.02.2011

Welches Glück! Welche Freude! Welche Ehre! Endlich werde ich PRS-tauglich gemacht!

Zusammen mit dem Präsidenten unseres Schulkomitees habe ich mich zähneknirschend geopfert, um während 24 Stunden (davon 6 während der regulären Schulzeit) an einer, von unserer Inspektorin mehrmals wärmstens empfohlenen, Weiterbildung zur Erstellung des obligatorischen PRS teilzunehmen. Wohlverstanden: diese Weiterbildung ist nicht obligatorisch, aber alle Schulvertreter, die daran teilnehmen, werden –laut Referentin- mit spielerischer Leichtigkeit (?!?) in der Lage sein, ein PRS zu erstellen. Wer lässt sich da noch bitten? „Dankbar“ nehme ich das lästige Weiterbildungsangebot an, denn länger kann unsere Schule die Erstellung des PRS dann doch nicht mehr hinauszögern, also, was solls?

Einem jungen, idealistischen Kollegen aus unserer Schule wurde die zusätzliche Teilnahme an dieser „wertvollen“ Weiterbildung verweigert. Begründung: wenn alle Schulen drei (satt der geforderten zwei) Teilnehmer anmelden würden, müsste die Weiterbildung aufgrund der reduzierten Plätze, die wie warme Brötchen über die Ladentheke des MENFP gehen, noch öfters stattfinden. Nicht auszudenken, in welchem hohen Maße zusätzliche Weiterbildungen das Budget des SCRIPT belasten würden!

Schließlich werden diese Weiterbildungen von ausgewiesenen ausländischen Spezialisten angeboten, Koryphäen auf dem Gebiet des Luxemburger Schulsystems. Hinzu kommt noch die wertvolle Mitarbeit einer Psychologin, die sich ausgezeichnet mit der beeindruckenden Erstellung von bunten Diagrammen und Grafiken auskennt.

Während der Weiterbildung ist es nicht erwünscht, das Prinzip oder den Sinn des PRS kritisch zu beleuchten: die Erstellung eines PRS ist felsenfest im neuen Schulgesetz verankert, basta. Wenn jetzt schlaue Schulkomiteefüchse denken, sich mittels eines PRS zusätzliche Contingent-Stunden zwecks realistischer Durchführung sinnvoller pädogogischer Projekte zu ergattern: Fehlanzeige! „Setzen Sie sich Ziele, welche Sie im Rahmen Ihrer jetzigen Möglichkeiten (Finanzen, Personal, Infrastruktur) unabhängig von jeglicher zusätzlichen Hilfe (Gemeinde, Contingent,...) erreichen können.“

Aha. So also läuft der Hase. Na dann: lasset uns Ziele wählen, die auf keinen Fall zu hochgesteckt sind, die wir auf alle Fälle erreichen werden, damit unsere Schule nach Ablauf der 3jährigen PRS-Durchführungsfrist nicht im 4. Jahr bei der Bewertung durch die „Agence Qualité“ getadelt wird. Viel Wind um Nichts. „De l’art pour l’art“, eine wunderbare Schreibübung zwecks Stilverbesserung „Halten Sie bitte Ihre Zielsetzungen nicht stichwortartig, sondern in ganzen Sätzen fest!“, aber immerhin dient der PRS-Wahn als wertvolle Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in den Reihen des MENFP.

So müssen zum Beispiel Statistik-Spezialisten Fragebögen erstellen, welche den Schulen helfen, ihre aktuelle Situation zu untersuchen.
Die vielen Mitarbeiter müssen selbstverständlich die ausgefüllten und eingesandten Fragebögen auch noch auswerten! Damit das nicht zu lange dauert und kein Grund zur Unzufriedenheit an den Schulen entsteht (?!?) wird auch hier auf genügend Personal zurückgegriffen

Auch werden Statistiken für die einzelnen Schulen auf Basis der berühmt berüchtigten, nicht funktionnierenden Datenbank „SCOLARIA“ erstellt. Jaja, man sei sich bewusst, dass die Daten des Scolaria nicht der Realität entsprächen und falsch seien, aber so ist das eben. Wie, Sie sind als Schule daran interessiert, richtige und zuverlässige Daten ihre Schulbevölkerung betreffend zu erhalten? Kein Problem: füllen Sie doch bitte das von der „Agence Qualité“ zur Verfügung gestellte Blanko mit allen nötigen Daten aus! Wie, das ist Ihnen neben Ihrem Lehrerjob zu viel Aufwand? Na dann lassen Sie es doch und geben Sie sich mit den falschen, unkompletten Scolaria-Daten zufrieden...

Man fühlt sich während der Weiterbildung, welche in 3 Module aufgeteilt ist, wie auf einer gut organisierten Verkaufsveranstaltung: per Bus, Zug oder Auto wird man in ein steriles Gebäude auf Limpertsberg gelotst, wird dort zusammen mit anderen Opfern in einen Raum gepfercht, bekommt eine Gehirnwäsche nach der anderen (denn so empfindet man das gebetsmühlenartige Anpreisen der PRS Missionare) bis man schlussendlich resigniert und den angepriesenen Artikel widerwilligt kauft, obwohl man den Sinn und Zweck dieses Kaufs mehr als anzweifelt. Aber immerhin wird man danach wieder in die Freiheit entlassen, wenn die Kunden brav und artig waren vielleicht sogar schon eine halbe Stunde früher, allerdings mit dem Auftrag, doch bitteschön jetzt das ganze Kollegium an der Schule, die Elternvertreter und die Gemeindeverantwortlichen zu missionieren und für die gute PRS Sache zu gewinnen.

Wie gut, dass es ein PRS gibt! Jahrzehntelang haben Lehrer, Gemeindeverantwortliche und Eltern sich scheinbar keine Gedanken über Schulentwicklung gemacht. Nun ist aber Schluss damit: Pseudo- Aktivismus („Plan d’action“) ist angesagt! Endlich werden sich jetzt pädagogische Ziele gesteckt, werden Schulprojekte angeleiert, endlich muss das bequeme Lehrervolk so richtig denken und arbeiten, endlich bewegt sich etwas in den Schulen! War das vorher nicht der Fall? Ist das der wirkliche Grund für das obligatorische Erstellen eines PRS?

Erstaunlich, dass auch ohne die Wunderwaffe PRS bis dato sehr viele pädagogisch-wertvolle Projekte in Zusammenarbeit aller Schulakteure geplant und durchgeführt wurden, noch erstaunlicher, wie herrlich unbürokratisch Schulentwicklungsprojekte auf Gemeindeebene möglich waren und in die Tat umgesetzt wurden. „Organisation scolaire“ auf Gemeindeebene, hieß der Zauberbegriff. Dabei wurde viel Papier (das hippe Medium „Flip-Chart“ lässt grüßen), Druckertinte, theoretisches Geplänkel und kostbare Zeit eingespart. Nun aber hat die Verstaatlichung zugeschlagen.

Es mag sein, dass die Idee des PRS einigen Schulen, welche beispielsweise nicht auf eine langjährige Schulkomitee- Erfahrung zurückblicken können, hilfreich sein kann. In diesen Schulen könnte der PRS die Diskussion über Schulentwicklung eventuell anregen. Daher sollte man die Entscheidung, ein PRS zu erstellen, den Schulen freistellen und nicht landesweit diktieren und per Gesetz untermauern. Diesen Schulen sollte dann auch ein Berater(team), beispielsweise in der Person eines Inspektors oder eines kompetenten „instituteurressources“, zur Seite stehen, wobei die Frage erlaubt sein darf, warum das MENFP immer wieder (wie im Falle des PRS) auf ausländische Experten zurückgreift, wenn es sich um luxemburgische Schulentwicklung handelt.

Alle Lehrer waren und sind immer noch an der Entwicklung ihrer Schule interessiert, machen sich Gedanken darüber, setzen sich zusammen, tauschen sich aus, verwirklichen Ideen. Ein aufgezwungener, bürokratischer Top-Down PRS unterdrückt diese Bewegung, die sich aus dem Schulalltag heraus unter dem Impuls engagierter Lehrer und Schulkomitees ergibt. Was bleibt ist ein unangenehmer, überflüssiger Beigeschmack, der auch als Schikane empfunden werden kann. Übertriebener Papierkram, Kontrolle seitens einer „Big Brother“ Agence und ein Mangel an Vertrauen in die Fähigkeiten aller Schulakteure wirken sich negativ auf Engagement und Idealismus der Lehrer aus und dienen sicher nicht einer sinnvollen Schulentwicklung.

Nadine Elcheroth
Membre de la direction syndicale