Musikunterricht in Vor- und Primärschule (Journal 6/2005) Mariette Laesch
Musikunterricht in Vor- und Primärschule
Und wiederum ist SIE - die Musik, in aller Munde. Und wiederum ist die Schule an allem Schuld, oder vielleicht die Lehrerinnen und Lehrer oder besser noch die Unterrichtsministerin und auch noch die Gemeindeväter und -mütter.
… Jedoch ist die Versorgung der Schulen in Luxemburg mit qualifiziertem Musikunterricht nicht durchweg gewährleistet. Daher sollte die Sicherung des kontinuierlichen Unterrichts in Musik im Unterrichtsministerium oberste Priorität haben. So lange das nicht geschieht,
kann die zuständige Ministerin eigentlich abends nicht ruhigen Gewissens zu Bett gehen!“
(1)
…Offiziell gibt es im Primärunterricht eine Wochenstunde. Aber in den wenigsten Gemeinden sind hierfür Spezialisten angestellt. Das ist für mich ein Manko, denn hier könnte man junge Leute für Musik motivieren. … (2)
Meistens hört man diese Töne vor oder mit Beginn des Schuljahrs, oft hört man sie aus dem Munde derer, die sich mit Tönen ganz gut auskennen, die Schule an sich aber oft nicht von innen her kennen. Dass es an Kontinuierlichem fehlt, mag ich nicht abstreiten, dass es an
Qualifiziertem fehlt, darüber lässt sich streiten.
Was heißt nun „Musikunterricht“. Der französische Begriff „éducation musicale“ gibt eigentlich besser wieder, was in unseren Primärschulen geschieht. In der Vorschule sollte man besser nicht von Musikstunden sprechen sondern hier gehört Musik zum Schulalltag, während in der Primärschule eine Schuleinheit die Woche dem Fach Musik zugeordnet ist. Es besteht ein detaillierter Lehrplan dessen, was hier vermittelt werden soll.
Auch wenn diese Inhalte sehr umfangreich sind, wie übrigens in jedem Fach in der Primärschule, auch wenn nicht alles behandelt werden kann, so sieht dieser Lehrplan alles vor, was im Musikunterricht wichtig ist.
Geschieht denn nichts? - Doch!
Aber was geschieht noch?
Musikunterricht oder besser „éducation musicale“ ist in der Primärschule auch als eines der Fächer zu betrachten, die zur Persönlichkeitsförderung des Kindes beitragen, die als soziales Medium stehen und das interkulturelle Zusammenleben fördern. Dies sind Faktoren, die ebenso wichtig sind wie die Lieder, die Tänze, das Instrumentalspiel an sich.
Woran fehlt es?
1. An einer ständigen pädagogischen Diskussion,dies nicht nur im Fach Musik sondern einer allgemeinen pädagogischen Diskussion.
2. An einer Vielfalt von Material, einfach zugänglich und erschwinglich.
Zum Vergleich siehe dazu die Vielfalt an Material,das im Ausland auf den Markt kommt und auch die Auswahl, die dann den Schulen zusteht.
3. An der Zeit, die es braucht neues Material für die Schule auszuarbeiten.
4. An der Stellung der Musik in unserer Schule.
Musik gehört nun auch eben zu den Fächern, die die Klassenlehrerinnen und -lehrer abtreten dürfen an so genannte „surnuméraires“. Das sind in verschiedenen Gemeinden ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, in anderen sind es „Ersatzlehrerinnen und -lehrer. Fühlt sich die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer oft nicht genügend in Musik ausgebildet, nicht genügend fähig, scheut sie/er aber nicht das Fach an Leute abzutreten, die noch weniger in Musik gewappnet sind, wenn eben in den Gemeinden diese Posten von Ersatzlehrern besetzt
werden, die keine oder nur wenig Wissen im Fach Musik haben, zumindest auch oft über keinerlei pädagogische Ausbildung verfügen. Lehrerinnen und Lehrer haben immerhin in ihrer Ausbildung das Fach Musik und haben sich über mehrere Jahre pädagogisches und didaktisches
Wissen angeeignet.
Sollte man nun ausgebildete Musikerinnen und Musiker einstellen? - JEIN!
Mit Musik sollte der, der Musik unterrichtet, ohne Lehrerin oder Lehrer zu sein, schon etwas am Hut haben.Gute Musikerinnen und Musiker, gute Instrumentalistinnen und Instrumentalisten können, müssen aber nicht ungedingt fähig sein, kindgerechten Musikunterricht anzubieten. Eine pädagogische Ausbildung ist absolut notwendig und unerlässlich.
Freude an Musik, an allen Arten und allen Elementen von Musik zu vermitteln, Kinder dazu zu bringen mit offenen Ohren an die musikalische Welt heranzutreten, Kindern Gefühl für Rhythmus und Koordination über den Einsatz von Instrumenten zu vermitteln, das sich dann
auch wiederum positiv auf andere Fächer auswirkt, das ist auch die Mission der Vor- und Primärschule.
Konservatorien, Musikschulen, Musikgesellschaften sind dann da um gezielte und grundlegende Ausbildungen im Fach Musik anzubieten. Hier sollten und müssen
Fachkräfte, ausgebildete Musikerinnen und Musiker die Arbeit auch mit Engagement und mit Wissen über und in Pädagogik übernehmen, damit Kindern die Freude erhalten bleibt, die sie dazu bewegt „Musik“ zu lernen. Oft wurden sie durch den Musikunterricht in der Primärschule motiviert sich dem Fach Musik gründlicher zu widmen. Aber genau wie ausgebildete Musiker Kritik am Musikunterricht an allgemein bildenden Schulen ausüben, genauso könnten Lehrerinnen und Lehrer Kritik an dem ausüben, was in vielen spezialisierten“ Musikkursen geschieht.
Wie könnte man konkret etwas verbessern im Musikunterricht unserer Primärschulen?
Mit Lehrerinnen und Lehrern in regelmäßigen Abständen (z.B. alle 6 Wochen) das einüben, was sie den Kindern vermitteln können. Dies ist nicht neu. Pierre Van Hauwe hat es jahrelang in Delft so gemacht. In Luxemburg gab es in Stadt Luxemburg, in Differdingen und zum Teil in Hesperingen in den 80ziger Jahren ähnliche Modelle. Der Unterschied bestand darin, dass es in Delft die Musikschule war, hier in Luxemburg ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer.
Warum?
Um andere in Musik zu unterrichten muss man sich die Materie selbst aneignen und man vergisst dies dann auch wieder schnell. Es hat ja auch Jahre gedauert bis jeder Texte genau lesen und interpretieren konnte. Dazu standen aber auch viele Lehrstunden zur Verfügung. Aber genau daran mangelt es ja im Bereich Musik.
Wer?
Lehrerinnen und Lehrer mit Schwerpunkt Musik sei es durch eine Parallelausbildung, sei es in der Ausbildung selbst, und Fachkräfte.
Was?
Inhalte, die vorgegeben sind.
Inhalte, die aus dem Meer von Material (aus dem Ausland) ausgewählt sind.
Inhalte, die zufällig gewählt sind.
Inhalte, die aktuell sind.
Dies alles unter Berücksichtigung unserer Traditionen, unserem Kulturgut, unserer multikulturellen Gesellschaft und dem Lehrplan.
Eigentlich wurde in diesem Artikel nichts gesagt, was nicht schon früher gesagt wurde. Es musste nur vielleicht wieder einmal aufgefrischt werden, denn die musikpädagogische Diskussion sollte in den Schulen stattfinden.
Musikpädagogik an Ganztagsschulen wurde nicht erwähnt. Sie darf auf keinen Fall in der Diskussion um Ganztagschulen fehlen.
Es gibt bestimmt noch viel zum Thema Musikunterricht zu sagen und dies sollte dann auch von Seiten der Lehrerinnen und Lehrer nicht außer Acht gelassen werden. Lehrerinnen und Lehrer nehmt an der Diskussion teil, überlasst das Feld nicht anderen.
(1) Über den Stolz der Luxemburger und den Schlaf einer Ministerin, in: pizzicato No155-09/2005. Leitartikel von Remy FrankAnyname
(2) Musikunterricht überdenken von Fernand Jung, Direktor am Konservatorium Luxemburg, in: d'Wort Rentrée scolaire 2005-2006, Samstag, den 10.September, Gute Vorsätze, neue Ansätze S. 4.
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