Nei Bilanen elo! (Monique Adam) Journal 4/2013

Nun kommt man auch im Ministerium nicht mehr daran vorbei sich einzugestehen dass mit den bilans intermédiaires etwas nicht stimmt und dass sie überarbeitet werden müssen. Obwohl nicht nur Lehrer und Gewerkschafter befragt wurden, sondern auch die Mitarbeiter des Ministeriums, die Inspektoren und die Instituteurs-ressources, sowie andererseits Vertreter der FAPEL, kommt der Forschungsbericht der Universität zum Schluss, dass nicht nur die bilans intermédiaires sondern auch der plan d’études überarbeitet werden müssten.
Nach den vom Ministerium selbst organisierten Umfragen, bei denen die Fragestellungen eine kritische Analyse kaum ermöglichten, bringt diese Analyse der Universität die wirklichen Kritikpunkte, die auch schon von den Gewerkschaften geäußert wurden, aber leider bisher wenig Beachtung fanden, an den Tag. Bisher hatte man noch gehofft, man könne die Bedenken der Lehrerschaft damit abtun, dass man ihr einen Hang zur Bequemlichkeit oder zur Verweigerung vorwerfe. Den selbstgebastelten Umfragen gelang es, die Lehrer so darzustellen als hätten sie das Ganze noch nicht so recht verstanden, als bedürfe es nur einiger Weiterbildungen bis sie dann endlich auch mit dem neuen Bewertungssystem zurechtkämen.
Nun kann die Kritik endlich gehört werden und es wird klar, dass sich etwas ändern muss.
Damit ist ein erster wichtiger Schritt getan, aber leider noch kein Weg hin zu einer verlässlichen, motivierenden Bewertung der Schüler gefunden.
Die Empfehlungen der Forschergruppe beinhalten kurzfristige Änderungsvorschläge, um « den bestehenden Konflikt zu entschärfen », sowie eine grundlegende « Neuentwicklung des Curriculums » welche natürlich nur längerfristig angelegt sein kann. Dabei muss man feststellen, dass die kurzfristig angelegten Vorschläge eine Kompromisslösung darstellen, die in sich nicht sehr logisch und schlüssig erscheint.
Leider fehlt im Moment eine klare Aussage über Lernziele die in den verschiedenen Zyklen erreicht werden sollen. Deshalb werden Noten zu einer reinen Sozialnorm und die Kombination zwischen der Einschätzung der Kompetenzen auf einer Progressionslinie zusätzlich zu einer Note von A bis D riskiert viele widersprüchliche Diskussionen aufzuwerfen. Es ist daher zu befürchten, dass der vorübergehende Kompromissvorschlag noch mehr Verunsicherungen und unterschiedliche Einschätzungen sowohl bei den Eltern als auch bei den Lehrern auslöst. Dies kann allerdings nur dazu führen, dass alles relativiert wird und dass die öffentliche Schule noch weiter an Glaubwürdigkeit einbüßt.
Dies stellt uns nun vor eine ungeheure Herausforderung, der sich einzig und allein die Ministerin entziehen kann, indem sie kein neues Mandat mehr erstrebt. Ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger, genauso wie auch die Lehrer, erben damit aber ein ungeheures Schlamassel, aus dem nicht so leicht herauszukommen ist.
Es wird nicht sehr einfach werden, der öffentlichen Schule wieder eine neue Glaubwürdigkeit und damit eine Zukunft zu verschaffen.
Deshalb brauchen wir eine gut durchdachte, konsensfähige, klare Überarbeitung des Curriculums und ein ebensolches Bewertungssystem. Da mit den vorgezogenen Wahlen am 20. Oktober ja ein Neuanfang in der luxemburger Politik entstehen soll, erhofft man sich natürlich eine breite Diskussion, welche die verschiedenen Perspektiven mit einbezieht und nicht vom bloßen Prinzip des kompetenzorientierten Unterrichts ausgeht. Dass diese Diskussion sowohl gründlich als auch schnell geführt werden muss, macht die Sache nicht einfach und es ergibt sich daraus eine ungeheure Verantwortung für alle Akteure: Minister, Ministerialbeamte, Forscher, Inspektoren, Lehrervertreter und Elternvertreter.
Das SEW/OGBL wünscht sich einen offenen Dialog, bei dem alle Gesichtspunkte gehört werden können, möglicht schnell herbei. Zu viel Zeit ging bisher in Scheindialogen, bei denen es bloß darum ging die Vorgaben des Ministeriums durchzusetzen, verloren.
Es gibt viel zu tun, packen wir’s an, aber richtig!
Da die austretende Ministerin am Anschluss an den Bericht der Forschungsgruppe zunächst beschloss für das Schuljahr 2013/2014 nichts an den bilans intermédiaires zu ändern und nun dennoch vor der Amtsübergabe Gespräche über eine Neugestaltung führen will, mutet schon etwas befremdend an. Angesichts der Dringlichkeit einer grundlegenden Überarbeitung könnte man einen solchen Vorschlag begrüßen, weil ja keine Zeit verloren gehen darf und man damit, wenn die Diskussionen offen aber zügig geführt werden, gegebenenfalls schon für das nächste Schuljahr ein provisorisches neues Curriculum mit einem neuem Bewertungsmodell zur Erprobung vorlegen könnte.
Nun war es jedoch gerade sie, die diese Diskussion bisher immer verweigert hat! Woher kommt nun dieser plötzliche Gesinnungswandel? Sollte es sich nicht um einen letzten verzweifelten Versuch handeln das Bewertungsmodell gegebenenfalls unter einer leicht vereinfachten Form beizubehalten? Sicher gibt es immer noch einige Verfechter dieses Modells, besonderes unter denjenigen, die sich nicht über ihre Beurteilungen im Elterngespräch erklären müssen. Sie mögen ein Interesse daran haben, dass sich möglichst wenig ändert, besonders auch im Hinblick darauf, dass durch die Ausarbeitung eines neuen Curriculums und eines neuen Bewertungsmodells auch der ganze kompetenzorientierte Unterricht in Frage gestellt werden könnte. Die große Mehrheit der Lehrer hat allerdings ein Interesse daran, dass eine praxistaugliche Bewertungsform gefunden wird, die von einer breiten Mehrheit getragen wird.
Die Bewertung und die Lernziele müssen grundlegend überdacht werden!
Eine reine kosmetische Änderung der bilans intermédiaires stünde im eklatanten Widerspruch zu den Ergebnissen des Forschungsberichts welche auf die Notwendigkeit weitergehender Veränderungen hinweisen. Die Lehrer und Lehrerinnen, die in den letzten Jahren sehr darunter gelitten haben, dass verschiedene Reformen des Ministeriums in der Praxis zu erheblichen Problemen geführt haben, die sie trotz aller Bemühungen nicht zu lösen imstande waren, haben kein Interesse daran so zu tun als könne die ganze Problematik durch einige Anpassungen aus der Welt geschafft werden. Deshalb wird das SEW/OGBL sich dafür aussprechen die Diskussion über die bilans intermédiaires mit denen über einen neuen plan d’études zu verknüpfen und dabei ein klares Konzept für die Aufgabe der Grundschule zu definieren.
Sollte dies nicht schnell genug möglich sein, brauchen wir Übergangslösungen, die uns den Weg dorthin nicht verbauen. Wir müssen also jetzt genau aufpassen, dass wir uns nicht auf einen Weg einlassen, der nur die Spitze des Eisbergs umschifft, um dann desto gründlicher aufzulaufen.
Jetzt sollten alle wichtigen Fragen gestellt werden, zu dem was unsere Kinder lernen sollen und wie sie bewertet werden sollen. Fragen, die wir heute ausklammern, werden morgen wieder auftauchen, und die Probleme, denen wir uns heute nicht stellen, werden morgen desto schwerwiegender werden. Eine unvoreingenommene, offene Diskussion über Sinn und Zweck verschiedener Bewertungsformen muss geführt werden!

Monique Adam