Dritte „Journée de réflexion“ von SEW und FGIL (Tageblatt 12/3/2011)

Suche nach alternativen Bewertungsmethoden
Die Lehrergewerkschaften SEW und FGIL, die eng zusammenarbeiten, laden heute zu ihrer dritten „Journée de réflexion“ ins Remicher Cefos („Centre de formation et de séminaires“) ein, wo sie am Morgen und einem Teil des Nachmittags über die neuen Evaluierungsmethoden diskutieren werden und nach Alternativen suchen wollen.
Robert Schneider

SEW-Präsident Patrick Arendt:
Für viele Schüler sind die vorgegebenen Kompetenzsockel kaum zu erreichen
Der Tag beginnt am Morgen (9 Uhr) mit einer Einführungs- und Begrüßungsansprache von Patrick Arendt, dem neuen SEW-Präsidenten, ehe ein Rundtischgespräch mit Erziehungsministerin Mady Delvaux vorgesehen ist. Neben dem Regierungsmitglied werden Dr. Romain Martin (Universität Luxemburg), Monique Adam (frühere SEW-Präsidentin), Martine Burg (Lehrerin), ein Vertreter der Fapel (Elternvereinigungen) unter der Leitung von FGIL-Präsident Ed. Kirsch zu den Themen des Tages diskutieren.
Keine klassische Benotung mehr
Verschiedene Arbeitsgruppen werden sich dann mit den aktuellen Fragen der Evaluierung beschäftigen. Diese Thematik beschäftigt zurzeit die Lehrerschaft am stärksten im Rahmen der Schulreform, wie Patrick Arendt uns gegenüber erklärte.
Besonders die Bewertung der Schüler, die nicht mehr durch die klassische Benotung geschieht, stört die Pädagogen. Es sei besonders schwierig und zeitaufwändig, den Eltern die neue Methodik zu erklären, die mit großem administrativen Aufwand verbunden ist.
Das Erreichen der vorgegebenen Kompetenzsockel ist denn auch je nach Region offensichtlich kaum möglich. Verschiedene Lehrerkorps in sozial benachteiligten Gegenden sehen nicht, wie sie die Ziele mit ihrer Schülerpopulation erreichen sollen.
Auch die Bewertung von außen stört SEW und FGIL. So sieht Arendt Sinn und Zweck der von der OECD durchgeführten PISA-Studie nicht ein und verweist darauf, dass er im Gespräch mit ausländischen Kollegen nur schwer vermitteln kann, weshalb Luxemburg hier schlecht abschneidet.
Mehr Sprachen,weniger PISA-Punkte
Sie verstehen nicht, dass unsere Schüler schlechter sein sollen als andere: Obwohl sie mehr Sprachen erlernen, haben sie nur ein Jahr Rückstand auf ihre Alterskollegen in anderen Ländern. Ausländische Pädagogen würden bei diesem Sprachenvorsprung gerne tauschen.
Es erscheine ihm so, dass die Schule sich ständig stärker an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiere, statt einen kritischen Geist bei den Schülern zu entwickeln.
Auch die Evaluierung der Schulen stört den Präsidenten, der hier die Gefahr eines Rankings und damit verbunden eine Ghettoisierung verschiedener Schulgebäude befürchtet.
Wenn eine Schule schlecht abschneidet, werden die Kinder möglicherweise schnell bei den Großeltern angemeldet, um eine andere Institution besuchen zu können.
Heute wird demnach ein Tag der Kritik, aber auch ein Tag der Suche nach Alternativen zu den neuen Bewertungsmethoden sein. Das Cabaret „Peffermillchen“ wird den Reflexionstag mit einem Auftritt abschließen.
Arendt bedauert übrigens, dass der Tag vom Ministerium nicht als Weiterbildungsmaßnahme anerkannt wurde (mit der Erklärung, es könnten Schlussfolgerungen herauskommen, die nicht mit der Politik des Ministeriums übereinstimmen).
Dies erkläre denn auch, weshalb sich weniger interessierte Lehrer als bei anderen vergleichbaren Veranstaltungen angemeldet haben.
Wir kommen in unserer Montagsausgabe auf das Thema zurück.