Sind Schüler Kunden ? Guy Foetz, seit fast 30 Jahren im Schuldienst (Leserbrief, im „tageblatt erschienen am 30.03.2005) (Journal 2/2005)
Sind Schüler Kunden ?
Herr Alvin Sold schreibt im Tageblatt-Leitartikel vom 26.März: „Die Schüler und die Eltern sind Kunden„. Ich möchte diese Meinung in Frage stellen ! Als Kunde bezeichnet die Brockhaus-Enyklopädie den Käufer von Waren oder Dienstleistungen. Und fügt hinzu: „Der Kunde ist entweder Letztverbraucher (Konsument) oder gewerblicher Weiterverwender.“
Mit dem Begriff „Kunde“ verbindet sich also der Kauf einer Ware oder Dienstleistung gegen die Zahlung eines Preises. Der Kunde kann ohne weiteres Hinzutun die Verwirklichung der im Kaufvertrag festgelegten Gegenleistung erwarten. So zahlt er z.B. den Preis eines Fahrscheins und erwartet, von A nach B transportiert zu werden, ohne z.B. dafür pedalieren zu müssen. Wie bereits bemerkt, ist der Kunde Konsument.
Das Verhältnis der Schüler und Eltern zur öffentlichen Schule ist grundsätzlich ein anderes. Einerseits wird kein Preis gezahlt, sondern Steuern, womit Staat und Gemeinden einen möglichst guten Schuldienst organisieren und finanzieren sollen. In Privatschulen wird wohl Schulgeld entrichtet, dies verpflichtet aber -so nehme ich an - auch die private Lehranstalt nicht zur Auslieferung eines Diploms. Damit kommen wir zum „Andererseits“. Schüler und Eltern sind keine Konsumenten der Schule: sie sind selbst gefordert, damit das Resultat stimmt. Im Mittelpunkt der pädagogischen Diskussion steht heute eher die stärkere Einbeziehung der Schüler in die Gestaltung des Unterrichts und des eigenen Lernprozesses, genau gesagt: das Wegkommen von der Konsum-Mentalität des stundenlangen Zu-(und Weg-) Hörens !
Unsere öffentliche Schule funktioniert keinesfalls optimal; was Inhalte, Methodik, Bewertung und Chancengleichkeit angeht, liegt sicher manches im Argen.
Der Vergleich „Schüler=Kunde“ bringt uns allerdings der Lösung der anstehenden Probleme kein Stück näher, er stammt aus dem Sprachgebrauch liberaler Ideologen, welche vom Bildungsmarkt reden und die öffentliche Schule in die Nähe eines zu rentabilisierenden Unternehmens rücken wollen. Mit dieser Richtung in der Schulpolitik wäre sicherlich keinem der Schulpartner gedient !
Guy Foetz, seit fast 30 Jahren im Schuldienst
(Leserbrief, im „tageblatt erschienen am 30.03.2005)