Vom Mangel an KrankenpflegerInnen und verschärften Zulassungsbestimmungen
Vom Mangel an KrankenpflegerInnen und verschärften Zulassungsbestimmungen
Man traut seinen Augen und Ohren nicht ! Da beklagen die Unterrichtsministerin und der Gesundheitsminister einen schlimmen Mangel an Krankenpflegern und Krankenpflegerinnen und erhoffen sich vor laufender Kamera, dass in den nächsten Jahren mehr junge Menschen eine Infirmier / Infirmière-Ausbildung beginnen.
Gleichzeitig beobachten wir aber mit großer Besorgnis, dass in den technischen Lyzeen am Ende dieses Schuljahres zwei neue großherzogliche Verordnungen zur Anwendung gelangen, welche den Zugang zum „Régime technique“, also dem Bereich des technischen Unterrichts, wo u.a. auch die Krankenpfleger-innen ausgebildet werden, drastisch erschweren. Wendet man diese verschärften Bestimmungen auf die Schülerresultate des ersten Trimesters dieses Schuljahres an, so wäre zahlenmäßig für 2004-2005 noch mit knapp einem Drittel der diesjährigen „10e Régime technique“-Schüler zu rechnen. Voraussichtlich wird der Strom der „Régime technique“-Schüler somit zu einem Bächlein schrumpfen, welches sich in drei weitere Rinnsal- Ausbildungswege, u.a. das der „Formations des professions de santé et des professions sociales“ aufteilen wird. Unter diesen Voraussetzungen öffentlich einen Zuwachs an Infirmier-Schüler-innen zu beschwören, grenzt an Zynismus.
Ist die Frau Unterrichtsministerin etwa nicht in Kenntnis der voraussichtlichen Auswirkungen ihrer eigenen Verordnungen ? Oder sind wir bereits mit ersten Ausbrüchen des Wahlkampffiebers konfrontiert ?
Der SEW/OGB-L hatte besagte drastische Verschärfung der Promotionsbestimmungen abgelehnt und vor den Konsequenzen gewarnt.
Wir hatten in unserer Beurteilung die Meinung vertreten, die Probleme unserer Schule und unserer Gesellschaft und Wirtschaft könnten nicht gelöst werden durch eine Orientierung der Schüler in weniger anspruchsvolle Ausbildungswege, sondern im Gegenteil durch eine konsequente Förderung der Kinder und Jugendlichen und die Steigerung ihres Leistungsvermögens. Dies erfordert allerdings eine individualisierte Betreuung vom 1. Schuljahr an, die Schaffung von Hilfsstrukturen neben dem normalen Unterricht, eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Sprachenproblem in unseren Schulen, die Anregung der pädagogischen Forschung in spezifischen Problembereichen unseres Schulsystems, eine Reform der Methoden und Inhalte, eine bessere Ausbildung der Lehrkräfte, sowie die Förderung der Autonomie und der Verantwortung der Schulpartner; kurzum eine wirkliche Bildungsoffensive -mittelfristig und langfristig. Dass dies viel Geld und viel politisches Engagement kostet, wissen wir. Aber dass dies unerlässlich und der Mühe wert ist, wissen wir auch.
Das Beispiel des Mangels an qualifiziertem Personal im Gesundheitswesen streicht erneut die Lebenswichtigkeit - hier im wahrsten Sinne des Wortes - einer guten Schule hervor. Wie eine rezente Umfrage der Universität Luxemburg im Auftrag der Abgeordnetenkammer zeigt, gehört die Erziehung zu den Prioritäten der Wähler.
Die Regierung scheint diese Vorrangigkeit noch nicht erkannt zu haben !
Mitgeteilt vom SEW/OGB-L Luxemburg, den 2. Februar 2004