Kompetenzorientierter Unterricht: Schein und Sein
Eine Bestandsaufnahme aus der Sicht betroffener Lehrer
Le projet de loi faisant l'objet du présent avis prévoit Ab September 2007 soll in den Luxemburger Sekundarschulen kompetenzorientiert unterrichtet werden. Die überwältigende Mehrheit der betroffenen Lehrer ist jedoch nicht informiert, welche Konsequenzen dies auf den pädagogischen Alltag in unseren Schulen haben wird. Die vorherrschende Unklarheit sollte durch eine groß angelegte, landesweite Lehrerfortbildung beseitigt werden - das war zumindest die Hoffnung der Lehrer des Lycée Technique Nic. Biever. Unsere großen Erwartungen in diese Fortbildung wurden jedoch völlig enttäuscht, denn nach einem ersten sechsstündigen Seminar können wir leider noch immer kein Gesamtkonzept zum Thema kompetenzorientiertes Unterrichten erkennen. Die aus der Schweiz eilig herbeigerufenen „Experten“ haben uns das „Portfolio européen des langues“, ein Evaluationsmodell für Fremdsprachen, in die Hand gedrückt, mussten jedoch gleichzeitig bedauernd eingestehen, dass es bis dato noch keine didaktischen Lehrmaterialien gibt, die für das Unterrichten der in diesem Modell angesprochenen Kompetenzen als Grundlage dienen könnten. Die Situation, die sich uns Lehrpersonen im Moment darbietet, erscheint insgesamt geradezu grotesk: Das angesprochene Europäische Sprachenportfolio z. B. geht davon aus, dass unsere Schüler in naher Zukunft ihre Kompetenzen selbst einschätzen und bewerten sollen, allerdings wissen im Moment nicht einmal wir als Lehrer, wie unsere Unterrichtspraxis in Zukunft aussehen soll.
Die Verwirrung in der Lehrerschaft ist folglich groß, und die ständig wechselnden Vorgaben von Seiten des Unterrichtsministeriums tragen natürlich nicht dazu bei, die herrschende Unklarheit zu beseitigen. Unzählige Projektgruppen arbeiten ohne präzisen Auftrag und ohne Koordination an verschiedenen Aspekten einer Schule der Zukunft. Den Lehrern im Hier und Jetzt nützt das herzlich wenig; es herrscht allgemeine Verunsicherung. So besteht die Wahrscheinlichkeit, dass viele Lehrer ab nächstem Herbst weiterhin die Inhalte der momentan gültigen Curricula unterrichten. Nur wird dann wohl nicht mehr von einem „Programm“ oder von „Lernzielen“ gesprochen werden, man wird stattdessen das Etikett „Kompetenzen“ auf die altbekannten Inhalte kleben, da man sich schlichtweg nicht anders zu helfen weiß.
Die Institution Schule muss sich verändern, um den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Der kompetenzorientierte Unterricht könnte eine Chance darstellen. So übereilt und planlos, wie das Ministerium dieses Vorhaben angeht, ist allerdings ein Misserfolg vorprogrammiert. Wir Lehrer haben zur Zeit nichts in der Hand als eine leere Verpackung - genau so gehaltlos und realitätsfern wie die Behauptungen des Herrn Fohl, welcher nicht müde wird zu betonen, die Lehrer in Luxemburg hätten Angst vor Veränderungen (cf. Kommentar am 15.1.2007).
Wir scheuen definitiv nicht davor zurück, notwendige Reformen anzugehen. Allerdings sollten diese dann auch wohl überlegt und durchdacht sein. Wir befürchten jedoch, dass unser Unterrichtsministerium auf dem besten Weg ist, eine Reform durchzuboxen, die mangels eines soliden Konzepts und gründlicher Planung bestenfalls auf dem Papier bestehen wird.
betroffene Lehrer des LTNB aus Düdelingen