Zum Dialogverständnis des MENFP

10.06.2012

Am 5. Juni 2012 trafen sich Vertreter des Schulministeriums mit den Gewerkschaften SEW/OGBL und SNE im Bildungsministerium, um sich über die bestehenden Schwierigkeiten betreffend die „Bilans intermédiaires“ auszutauschen.

SEW/OGBL und SNE hatten im Vorfeld mit dem Lehrpersonal der Grundschule und Vertretern der Schulkomitees ein Kompromissdokument ausgearbeitet, welches mehrheitlich von der Versammlung im “Forum Geesseknäppchen” am 24. Mai 2012 angenommen wurde und die Gewerkschaften beauftragte, dieses Dokument als Diskussionsbasis den Verantwortlichen des Bildungsministeriums vorzulegen.

Ministerin Delvaux-Stehres machte von Beginn der Sitzung an unmissverständlich klar, dass sie nicht gewillt sei, etwas am, per Gesetz definierten, Bewertungssystem zu ändern, ganz gleich welche Argumente man auch vorbringen möge. Es stellte sich also den Gewerkschaftsvertretern die berechtigte Frage, warum eine solche Zusammenkunft überhaupt einberufen wurde, wenn von vorne herein jede Diskussion über Änderungsvorschläge betreffend die Schülerbewertung ein Tabuthema ist.

Sehr groß waren das Erstaunen und die Missbilligung seitens der Gewerkschaften, als eine Pressemitteilung des MENFP -kaum eine Stunde nach Abschluss der Gespräche- auf der Internetseite des Bildungsministeriums erschien. Besonders die gebrauchte Ausdrucksweise der Mitteilung, z.B „en commun accord avec les syndicats“ entspricht nicht der Wahrheit und belegt wieder einmal, wie Dialog definiert wird: das Ministerium spricht und beschließt, gewerkschaftliche Proteste werden ignoriert. Die überrumpelten Gewerkschaftsvertreter stellt das Bildungsministerium mit dieser Art der Pressemitteilungen vor vollendete Tatsachen.

Weiter ist in derselben Mitteilung zu lesen, dass man „nouvelles doléances“ vorgelegt hätte, doch so neu sind die Beschwerden wahrlich nicht. Die Vertreter des SEW/ OGBL und SNE machen immer wieder auf Unstimmigkeiten und Schwierigkeiten im Umgang mit dem Lehrplan, den Beschreibungen der Kompetenzsockel und dem Bewertungsheft aufmerksam, ohne dass das Ministerium davon wirklich Kenntnis nimmt und sich ernsthaft mit den berechtigten Kritiken seitens der Lehrervertreter, der LehrerInnen und der Schülereltern auseinandersetzt.

Als weiteres Argument gegen das Abändern der Bewertungsform betont die Bildungsministerin zum einen, dass die Bewertung der Leistungsfortschritte der Schüler (“progression”) per Gesetz verankert sei und zum anderen, dass das Lehrpersonal sich erst an diese neue Form gewöhnen müsse. SEW/OGBL und SNE sind der Meinung, dass -insbesondere im Hinblick auf die angelaufene Beurteilung und Bewertung des Schulgesetzes vom Februar 2009- ein Gesetz geändert werden kann, ja es sogar die Pflicht ist es zu ändern wenn es den gestellten Anforderungen nicht gerecht wird und in der Praxis nicht sinnvoll umsetzbar ist. Die LehrerInnen werden sich wohl oder übel an jede Form der Bewertung gewöhnen, das heißt aber nicht, dass die “Bilans intermédiaires” dadurch aussagekräftiger werden!

Die Hoffnung, dass in einer weiteren Arbeitssitzung am 14. September 2012 der Scheindialog abgelegt wird, ist aufgrund solcher Pressemitteilungen illusorisch. Die Arbeit vieler engagierter LehrerInnen und Schulkomitees sowie der Gewerkschaften wird durch diese unnachgiebige und teils süffisante Haltung seitens des MENFP der Lächerlichkeit preisgegeben. Das wiederholt unprofessionnelle Verhalten eines Mitarbeiters des Ministeriums, welcher nach der Arbeitssitzung des 5. Juni 2012 respektlos die Arbeitsdokumente der Gewerkschaften zerreißt, spricht Bände in Bezug auf die viel gepriesene “Dialogbereitschaft” des Bildungsministeriums.
Nadine Elcheroth
Membre de la direction syndicale
Manon Trombini
Membre du comité fondamental