Weniger Ausgrenzung, mehr differenziertes Lernen!

Einige Leser mögen mich vielleicht schon kennen und doch, erlauben Sie mir zunächst, mich kurz vorzustellen: Mein Name ist Andrea Delvaux-Da Silva Costa, ich bin 31 Jahre alt, seit 10 Jahren verheiratet und betroffen von der Krankheit „Ataxie Friedreich“. Dabei handelt es sich um eine genetische Erkrankung, die sich im Allgemeinen zu Beginn der Pubertät manifestiert, in meinem Fall mit 13 Jahren.
Als meine Krankheit offenkundig wurde, war ich aufgrund des fehlenden Verständnisses für meine damalige Situation und auch aufgrund mangelnder Unterstützung durch Schulverwaltung und Lehrpersonal gezwungen gewesen, die Regelschule zu verlassen. Nun arbeite ich in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen.
Diese Ausgrenzung von einer regulären Ausbildung war eine sehr schlimme Erfahrung für mich.
Aufgrund meiner Erfahrung möchte ich sagen, dass jedes Kind die Möglichkeit haben sollte, im sozialen Umfeld seiner Dorfgemeinschaft lernen zu dürfen, damit es Teil dieser Gemeinschaft bleibt und nicht isoliert wie ein Fremdkörper aufwächst.
Der Kontakt mit Nachbarn, Klassenkameraden, ehemaligen Mitschülern und anderen Dorfbewohnern bereitet dem Kind mit Sicherheit mehr Freude als der schönste Unterricht in einer EDIFF-Klasse.
Ein Kind ohne soziale Bindungen in seinem Wohnort ist meist zur sozialen Isolation verurteilt, und das ist etwas, was sich wohl keine Eltern für ihr Kind wünschen.
Um diese Ausgrenzung von Kindern mit einer Behinderung zu verhindern, beschloss ich, in diesem Bereich politisch aktiv zu werden, seit der Gründung IM Jahr 2003, des „Département des Travailleurs Handicapés“ des OGBL, plädiert der DTH für eine Schule der Inklusion wo jeder Schüler seine Chancen bekommt und auf seine Stärken bewertet wird und nicht wegen seinen Schwächen abgestoßen wird. Unser neues Schulgesetz soll ja in diese Richtung gehen, jedoch bleibt noch zu sehen ob auch die behinderten Schüler davon profitieren werden und somit in den kommenden Jahren mehr Kinder mit einer Behinderung von einem regulären Schulgang profitieren werden.
Aber nicht nur die Gesetze müssen verändert werden auch in den Köpfen der Eltern muss sich was tun. Neben meinem Engagement beim DTH/OGBL bin ich seit einiger Zeit auch im Verwaltungsrat des Vereins „Elteren a Pedagoge fir Integratioun asbl“, der sich seit vielen Jahren für die schulische Integration von Schüler(innen) mit einer Behinderung in die Regelschule einsetzt.
Bei einem Rundtischgespräch zum Thema „Mam neie Schoulgesetz - Eng inklusive Schoul fir d'Kanner all?“ sagte eine Frau, sie wolle das Problem „Schule“ den Kindern mit Behinderungen ersparen. Sie wolle ihnen ein Leben bieten, das so schön wie möglich sei (…da Kinder mit Behinderungen ja schon so viele Probleme hätten). Warum dem allem noch Schulprobleme hinzufügen?
In meinen Augen hat sie nicht verstanden, was eine humane Schule sein sollte. Wir schicken doch unsere Kinder nicht in die Hölle, sondern in eine Institution, wo ihnen ein Ihnen Kenntnisse und Einstellungen vermittelt werden (sollten), die für sie wichtig sind! Nicht nur, um ihnen so die Basis für einen zukünftigen Beruf zu geben, sondern auch, um ihren Horizont zu erweitern, ihre gesellschaftliche Einbindung zu stärken und Ihre persönliche Entwicklung zu fördern!
Hat diese Frau nicht daran gedacht, dass Kinder mit einer Behinderung die gleichen Chancen haben wollen wie alle anderen Kinder auch?
Dass auch sie die Möglichkeit zum Lernen haben wollen, und stolz auf ihre Fortschritte sind. Die Fähigkeit zu lesen vereinfacht das Leben ungemein und gibt Sicherheit im Alltag. Und sie ermöglicht es dem Menschen auch, autonom zu werden und weniger von anderen Menschen abhängig zu sein! Dazu kommt noch dass durch eine gute Ausbildung und frühe Integration in der Schule die behinderte Person viel größere Chancen hat einen Job auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finden und somit nicht als weiterer Kandidat für die Behindertenwerkstätten schlangen stehen muss.
Vorstandsmitglied des DTH/OGBL