SOZIALPÄDAGOGE IM SPOS (Journal 1/2005)

08.02.2005

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SOZIALPÄDAGOGE IM SPOS


Infolge des PAN-Gesetzes, das im Jahre 1998 im Parlament verabschiedet wurde und ab Oktober 2000 in Kraft trat, arbeitet an allen technischen Sekundarschulen mit "régime préparatoire" ein Sozialpädagoge (éducateur gradué). Innerhalb des pluridisziplinaren SPOS-Teams arbeitet er mit Psychologen, Sozialarbeitern, sowie auch mit Lehrern zusammen. Wir haben Marc Pletsch (33) zu seiner Tätigkeit im SPOS des Lycée Technique Nic-Biever aus Düdelingen befragt.

SEW-Journal: Wie bist du dazu gekommen, ausgerechnet den Beruf des Sozialpädagogen zu wählen?

Der menschliche Kontakt im Alltag war mir immer schon wichtig gewesen. In meiner Kindheit war ich bereits ein ferventer Vereinsmensch und war sehr aktiv, besonders im Sport. Später kamen noch eine Reihe ehrenamtlicher Tätigkeiten kultureller Natur hinzu. Da ich mich immer schon zu Kinder-und Jugendaktivitäten hingezogen fühlte und in der Jugendarbeit meine Erfüllung fand, war es für mich klar, dass ich diese Leidenschaft zum Beruf machen würde. Mir war auch von vorneherein klar, dass dieser Beruf reichlich Abwechslung bieten würde.

SEW-Journal: Worin besteht deine Arbeit?

Meine Hauptaufgabe besteht darin, als SPOS-Mitarbeiter den Schülern mit Schwierigigkeiten die Möglichkeit zu geben, von meiner Hilfe Gebrauch zu machen. Die Probleme können vielschichtig sein; persönlichen, familiären, relationnellen sowie auch schulischen Problemen versuche ich, in Kooperation mit meinen Teamkollegen, entgegenzuwirken. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit Eltern, Lehrern oder Schulleitung eine sehr wichtige Rolle. Beratungsgespräche, sowie auch Betreuungsangebote, die sich über einen längeren Zeitraum hinausziehen, können, je nach Situation und Kooperationsbereitschaft zur Lösung des Problems führen.

In der Präventivarbeit bin ich für die Organisation einzelner Aktivitäten zuständig. Gesellschaftliche Themen wie Sucht, Aids, Gewalt, Respekt, Gefühle usw. werden dabei behandelt. Zusammen mit Lehrern, Eltern, sowie auch mit Professionnellen aus anderen Institutionen (SNJ, Aidsberodung, Planning Familial, CePT…) organisiere ich öfters kleinere oder grössere Aktionen, die sich sowohl im Klassenzimmer, als auch in grösseren Räumlichkeiten abspielen können.

Schulische Orientierung gehört selbstverständlich auch zu meinen Aufgaben. Dabei versuche ich die Schüler so gut wie möglich zu informieren indem ich ihnen die Möglichkeit gebe, Orientierung so praxisnah wie möglich zuerleben, Ich lege deshalb besonders viel Wert auf Kommunikation mit allen Beteiligten: Eltern und Lehrer sollten eine möglichst aktive Rolle spielen, um den Schüler optimal dabei zu begleiten.

Bei all meinen Tätigkeiten sind einige Aspekte von entscheidender Wichtigkeit. Als Mitarbeiter des SPOS sollte man eine gewisse Teamfähigkeit aufbringen. Im Sinne des Schülers ist eine offene und ehrliche Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrern eine grundlegende Voraussetzung für eine gute Arbeit.

SEW-Journal: Was gefällt dir besonders an deiner Arbeit?

Innerhalb des oft stressigen und bewertenden Schulsystems gilt es als sehr wichtig, einen Ausgleich zu schaffen. Ich bemühe mich in meiner schulischen und ausserschulischen Arbeit bei meinen Aktivitäten um ein besseres Schuklima. Ich arbeite gerne mit Jugendlichen und ich finde mich in meiner Arbeit bestätigt, wenn ich positive Rückmeldungen bekomme. Die Zusammenarbeit mit Lehrern hat sich in vielen Projekten oft als sehr positiv erwiesen.

Oft versuche ich, die Eigeninitiative der Schüler zu fördern, was im regulären Unterricht nicht immer sehr gut gelingt. Ich will einen Beitrag dazu leisten, dass sich der Schüler wohlfühlt, denn wenn es ihm gut geht, ist er weniger agressiv und seine Leistungsfähigkeit steigt an. Durch einen positiven Kontakt zu den Jugendlichen entwickelt sich eine Vertrauensbasis. Der Schüler ist somit eher bereit, unsere Dienststelle
aufzusuchen, falls er ein Problem hat.

SEW-Journal: Wird deine Arbeit in der Schule aureichend anerkannt?

Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus stellte ich anfangs fest, dass es an der Schule nur wenige gab, die etwas mit dem Begriff "Educateur Gradué" anzufangen wussten. Nach über vier Jahren erkenne ich, dass sich schon einiges verändert hat. Durch unsere systematischen Präventivaktionen und durch meine Mitarbeit an verschiedenen Projekten mit ganzen Klassen konnten viele Lehrer Einblick in die Arbeit eines Sozialpädagogen erlangen. Andere Arbeitskollegen können sich nach wie vor schwer etwas unter meiner Funktion vorstellen. Durch eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit und unsere Aktivitäten hat sich das Image des SPOS zusehens positiv entwickelt was auch meiner beruflichen Tätigkeit zugute kommt.

SEW-Journal: Momentan arbeitet nur ein Sozialpädagoge pro Schule im SPOS. Gibt es deiner Meinung nach noch weitere Einnsatzmöglichkeiten für Sozialpädagogen in einer Sekundarschule?

Der Pisa-Musterschüler Finnland setzt schon seit mehreren Jahren auf Sozialpädagogen. Dort werden die schwächsten Schüler gesondert in Kleingruppen mit einigen Förderlehrern, Sozialpädagogen und Schulpsychologen unterstützt. Neben einem Kurator, der sich im Auftrag der Kommunen um soziale Belange kümmert, stehen diese sogenannten «special need teachers» mit sonderpädagogischer Ausbildung den Schulen zur Verfügung und entlasten die Lehrer von vielen zeitraubenden Aufgaben. In den skandinavischen Ländern ist es völlig selbstverständlich, dass an Schulen sozialpädagogische Fördermassnahemen aktiv umgesetzt werden. Wenn hierzulande ein Lehrer ein Problem bei einem Schüler diagnostiziert, dann muss er oft sehr lange auf eine ausserschulische Hilfestellung warten. Hätten die Lehrer jedoch die Möglichkeit, direkt an ihrer eigenen Schule auf ein Team von Sozialpädagogen zurückzugreifen, könnte schneller gehandelt werden. Z.B. Elternarbeit könnte somit effizienter gestaltet werden.

Vorraussetzung für dieses kooperative Modell wäre natürlich ein aktives Zusammenarbeiten zwischen Lehrern und Sozialpädagogen. Hinzu kommt, dass Sozialpädagogen pädagogische Projekte mit allen Schulpartnern koordinieren könnten und somit ihren Beitrag zu einem verbesserten Schulklima leisten würden.