Bildungspolitik am Scheideweg!

13.10.2016

Bildungspolitik am Scheideweg!


Anlässlich der traditionellen Pressekonferenz zum Schulanfang, hat das SEW/OGBL mit deutlichen Worten die neoliberale Schulpolitik des Bildungsministers kritisiert und auf die mittel- und langfristigen fatalen Folgen für das Bildungssystem und die gesellschaftliche Kohäsion hingewiesen.

In der Zwischenzeit wird es auch einer breiteren Öffentlichkeit bewusst, dass die Reformen der letzten Jahre eine deutliche Verschlechterung der Qualität der öffentlichen Schule herbeigeführt haben. Lehrerinnen, Lehrer und Professoren, die aus ihrer praktischen Erfahrung heraus auf die entstehenden Missstände aufmerksam machen wollten, wurden ignoriert. Beispiele für missratene Reformen gibt es viele. Die Berufsausbildung (die Reform der Sekundarschulen steht noch aus), sowie die neuen Formen der Evaluation in der Grundschule (dieReform der Orientierungsprozedur am Ende der Grundschule wird sich nächstes Jahr nahtlos in diese Reihe eingliedern) sind nur einige eklatante Beispiele. Auch der nach oder durch PISA eingeführte Kompetenzunterricht ist kläglich gescheitert.

Die hierarchische Gliederung der Berufslaufbahnen des Lehrpersonals im Rahmen der Reform des öffentlichen Dienstes, sowie die Einführung des Praktikums für angehende Lehrer beeinträchtigen in nicht unerheblichem Maße das Schulklima.

Der Bildungsminister hat sich rücksichtslos über alle Einwände hinweggesetzt und die Kultur des Dialogs im Unterrichtswesen nachhaltig zerstört. Da es den Lehrern immer deutlicher bewusst wird, dass sich trotz eines ständig steigenden Arbeitsvolumens weder die Qualität der Bildung verbessert, noch der zunehmende Einfluss des sozialen Hintergrunds der Schüler auf die Aussicht des schulischen Erfolgs verringert, muss es zu einer Entfremdung von der geforderten Arbeit kommen.

Die aktuelle Bildungspolitik besteht zu einem großen Teil aus Außendarstellung,die dem Minister ein Profil als „Macher“ verleiht. Dabei greift er auf alle verfügbaren Mittel zurück um den Ruf seiner Lehrer nachhaltig zu beschädigen und dabei jegliche Kritik aus ihren Reihen zu unterbinden. Die neue, immer stärker ausgeprägte Hierarchie in der Bildung leistet dazu gute Dienste. Lehrer fühlen sich eingeschüchtert und müssen wertvolle Zeit in obligatorischen Versammlungen absitzen, die manchmal eher an Werbeveranstaltungen erinnern, in denen kein Dialog geduldet wird. Es scheint, als ob die Lehrer keine Meinung haben dürfen; es ist ihnen zumindest nicht erlaubt sich nach außen kritisch zu äußern.

Der Preis einer solchen Politik ist hoch. Es wird sicher sehr lange dauern bis sich wieder ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Ministerium und der Lehrerschaft aufbauen lässt. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass auch das Arbeitsklima im Ministerium nicht sehr positiv ist.

Ein Lehrer sollte in der Lage sein die Kinder zu kritischen und selbstbewussten Erwachsenen zu erziehen. Autoritätshörige, abhängige Lehrer, die sich nur in der Rolle des unkritischen Befehlsempfängers erleben, können diese Aufgabe nichterfüllen. Die Herausforderungen dieses Berufes verlangen autonome Lehrer mit genügend Autorität, um verantwortungsvoll die pädagogischen Probleme zu lösen.

Für das SEW/OGBL bleibt es weiterhin wichtig, dass, auch im Falle eines Dissenses, die Kultur des Dialogs und die aufrichtige Suche nach einem Konsens oder einem Kompromiss gepflegt wird. So kann es nicht weitergehen!





Patrick Arendt
Président du
SEW/OGBL